Old but gold? – Das AIDA-Modell im B2B Marketing

Es gibt wohl kaum ein Grundlagenseminar im Vertrieb oder Marketing, in dem das AIDA-Prinzip nicht behandelt wird. Dabei stellt sich die Frage: Ist es immer noch ein Goldstandard oder längst ein alter Hut?

Das AIDA-Modell wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Elias St. Elmo Lewis, einem amerikanischen Werbepionier, entwickelt. Er war davon überzeugt, dass potenzielle Käufer vier Phasen im Entscheidungsprozess durchlaufen. 

Daher soll – nach Lewis – erfolgreiche Werbung

  • die Aufmerksamkeit (Attention oder Awareness)  der Zielgruppe gewinnen, 
  • dann deren Interesse (Interest) wecken, 
  • ein Verlangen (Desire) nach dem Produkt oder der Dienstleistung erzeugen 
  • und schließlich zum Kauf anregen (Action

Dieses Modell spiegelte Lewis' Verständnis von den vier Schritten wider, durch die ein Konsument von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Kaufentscheidung geleitet werden soll. 

Damit legte er den Grundstein für die moderne Werbetheorie.

Das AIDA-Prinzip: Eine frühe Form der Customer Journey

Das Geniale an dem AIDA-Modell: Es beschreibt eine frühe Form der Kundenreise und kann gleichzeitig als Text-Formel (auch Copywriting Framework genannt) genutzt werden. Deshalb ist es aus der Marketingkommunikation nicht mehr wegzudenken.

Sehen wir uns die vier Phasen (oder Schritte) des AIDA-Modells nun genauer an.

🖥️ Attention: Zielgruppen aufmerksam machen

In der ersten Phase des AIDA-Modells gilt es, die Aufmerksamkeit des Publikums zu gewinnen. Wir brauchen einen richtigen Hingucker. Wollen wir eine Sales-E-Mail für ein neues CRM-System schreiben, lassen wir uns eine klickstarke Betreffzeile einfallen. Um ihre Wirkung zu verstärken, kommt noch ein auffälliges, zum Thema passendes Banner an den Anfang der E-Mail.

Beispiel: "Beziehungsstatus: verbessert – dank CRMagic!"

🤔 Interest: Aus Lead wird Interessent

Da wir nun die Aufmerksamkeit der Zielgruppe haben, wollen ihr Interesse wecken. Dies tun wir, indem wir erklären, wie das Produkt ein bestimmtes Problem löst oder die Arbeit unserer Kunden vereinfacht. Wir können auch spezifische Vorteile und Funktionen vertiefen, die direkt auf die Bedürfnisse des Empfängers zugeschnitten sind.

Beispiel: "CRMagic senkt Ihren Verwaltungsaufwand um 20%. Gleichzeitig analysieren Sie das Kundenverhalten präziser denn je zuvor. Nutzen Sie diese Einblicke für maßgeschneiderte Marketingstrategien.

❤️ Desire: Interessenten begeistern

Nun geht es darum, bei den Leser:innen den Wunsch zu wecken, diese Software anzuschaffen. Das funktioniert wunderbar, wenn Sie nach dem Prinzip “zeigen, nicht reden” (show, don’t tell) vorgehen: Zeigen Sie anhand von Erfolgsgeschichten und Aussagen zufriedener Kunden, wie und mit welchem Ergebnis sie die Software einsetzen.

Beispiel: "Lesen Sie, wie Unternehmen X seine Onlineverkäufe um 30% gesteigert hat!"

🚀 Action: Handlung oder Kaufentscheidung herbeiführen

Kein Text ohne Handlungsaufforderung. Am Ende sollen die Leser genau wissen, was jetzt zu tun ist. Beschreiben Sie die Handlung in einem klaren Call-to-Action – zum Beispiel mit dem Angebot eines Demo-Termins oder einer 30-tägigen Testlizenz. Sie können auch auf eine Landingpage weiterleiten, um dort weitere Verkaufsargumente anzubieten.

Beispiel: "Vereinbaren Sie noch heute eine kostenlose, unverbindliche Demonstration unseres CRM-Systems und erleben Sie, wie es Ihre Kundenbeziehungen transformieren kann!"

So etwa könnte man an eine E-Mail-Kampagne nach dem AIDA-Modell herangehen. 

Ist AIDA im B2B-Marketing noch zeitgemäß? 

Immerhin ist es mittlerweile 125 Jahre alt.

Man kann argumentieren, dass es einen linearen und eindimensionalen Prozess suggeriert. Tatsächlich wissen wir, dass Kunden nicht immer diese Phasen in einer festen Reihenfolge durchlaufen. Ihre Entscheidungsfindung kann sprunghaft und von zahlreichen externen Faktoren beeinflusst sein, die das AIDA-Modell nicht erfassen kann. 

Außerdem berücksichtigt das AIDA-Modell nicht die Bedeutung von Kundenbeziehungen und Markentreue, die in der heutigen Zeit für den langfristigen Erfolg einer Marke entscheidend sind.

Diese – und andere Kritikpunkte – sind vollkommen berechtigt. Deswegen sollte man das AIDA-Prinzip nicht überstrapazieren oder als Allheilmittel für jegliche Marketing-Kommunikation ansehen.

Aaaber ...

.... man kann es kreativ erweitern, um relevante und ansprechende Inhalte zu schaffen. Dann ist es ein wunderbares Werkzeug, um in einem umkämpften Markt die richtigen Leute anzusprechen und sie zu einer bestimmten Handlung zu bewegen.

Beispiele für solche Erweiterungen sind AIDAS (Satisfaction) und AIDCAS (Conviction). Sie bieten zusätzliche Nuancen, die auf die heutige komplexe Marktdynamik eingehen und sich besonders im B2B-Marketing bewährt haben.

AIDAS – eine kundenzentrierte Erweiterung des AIDA-Modells

Sehen wir uns zunächst das AIDAS-Modell an: Es ergänzt das AIDA-Prinzip um das Element der Zufriedenheit (Satisfaction). Somit endet die Kundenreise nicht beim Kauf, sondern erweitert sie darüber hinaus. 

Gerade im B2B-Marketing, wo Kaufentscheidungen häufig hohe Investitionen erfordern und langfristige Partnerschaften im Vordergrund stehen, spielt die Kundenzufriedenheit eine entscheidende Rolle.

Denn sie ist die Grundlage für dauerhafte Kundenbeziehungen und positive Mundpropaganda. Aus beiden entstehen neue Geschäftsmöglichkeiten ist. Unternehmen können durch Anwendung des AIDAS-Modells nicht nur kurzfristige Verkäufe steigern, sondern auch langfristige Loyalität und Vertrauen aufbauen, was zu einer nachhaltigen Markenstärke führt.

Was bedeutet das für den Text, zum Beispiel für die oben genannte E-Mail-Kampagne zur Einführung eines CRM-Systems? Das Bekenntnis zur Kundenzufriedenheit erlaubt uns nun, dies als zusätzliches Leistungsversprechen aufzunehmen. 

😃 Satisfaction: Zufriedene Kunden sind die besten Kunden

Erweitern wir die E-Mail-Kampagne also um die Komponente "Satisfaction". Wir zeigen den Empfängern, dass ihr Erfolg und ihre Zufriedenheit an erster Stelle stehen.

Beispiel: "Wir wollen, dass Sie 100-prozentig zufrieden sind. Deshalb bieten wir Ihnen nicht nur eine 30-tägige kostenlose Testversion, sondern auch einen dedizierten Kundenservice, der rund um die Uhr verfügbar ist."

AIDCAS – so überzeugt man Kunden

Gerade bei komplexen technischen Produkten, wie es sie im B2B-Sektor häufig gibt, wollen Kunden davon überzeugt werden, unser Angebot anzunehmen. Hierfür eignet sich das AIDCAS-Modell: Es fügt dem AIDAS-Framework das Element der Überzeugung ("Conviction") hinzu. 

Hier werden potenzielle Kunden nicht nur interessiert, sondern durch sachliche Informationen überzeugt. Dafür eignen sich beispielsweise:

  • Fallstudien 
  • Produkt-Demonstrationen
  • Statistiken 
  • Zitate zufriedener Kunden


✅ Conviction: Auch auf der Sachebene punkten

Bauen wir in unsere E-Mail-Kampagne also noch das Element der Überzeugung ein – zum Beispiel so:

"Kunden berichten von einer Steigerung der Vertriebseffizienz um 40 Prozent innerhalb des ersten Jahres der Nutzung. Sie nutzen KI-gestützte Automatisierungsfunktionen und vereinfachen tägliche Arbeitsprozesse im Vertrieb. 

Überzeugen Sie sich selbst: Sehen Sie sich unsere interaktiven Demos an, lesen Sie Erfahrungsberichte zufriedener Kunden und testen Sie unsere Plattform kostenlos, um die Vorteile für Ihr Unternehmen zu erleben."

Fazit – das AIDA-Modell hat nicht ausgedient

Das AIDA-Modell bleibt auch heute ein grundlegendes Werkzeug im Marketing. Trotz seiner langen Geschichte ist es besonders im B2B-Marketing bedeutsam, wenn es darum geht, die Aufmerksamkeit und das Interesse von Geschäftskunden zu gewinnen. 

Allerdings bedarf das Modell spezifischer Erweiterungen, um den komplexen Anforderungen im Technologiebereich gerecht zu werden. 

Hierbei sind aus meiner Sicht Aspekte wie Überzeugung (Conviction) und Kundenzufriedenheit (Satisfaction) entscheidend, die im AIDCAS-Modell berücksichtigt werden. Diese Erweiterungen ermöglichen es, tiefergehende Beziehungen zu etablieren und nicht nur kurzfristige Verkaufserfolge zu erzielen, sondern langfristige Partnerschaften zu fördern. 

Wer langfristig erfolgreich sein will, sollte das AIDA-Modell unbedingt anpassen und erweitern. Dann taugt es auch heute noch – auch im B2B-Sektor.

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